Die Tigerschnecke
Die Tigerschnecke wird oft auch als Tigerschnegel, Großer Schnegel, Große Egelschnecke oder Tigernacktschnecke bezeichnet. Ihr lateinischer Name lautet Limax maximus. In der botanischen Unterordnung gehört die Tigerschnecke zu den Landlungenschnecken sowie der Gattung Limax. Bei der Tigerschnecke handelt es sich um eine ca. 10 bis 20 Zentimeter lange Nacktschnecke, die aus der Familie der Schnegel kommt. In Europa ist diese Schnecke weit verbreitet. Es geht sogar so weit, dass die Tigerschnecke weltweit in fast alle gemäßigten Breiten verschleppt wurde und somit ihren Lebensraum deutlich erweitert hat.
Die geografische Verbreitung und der Lebensraum der Tigerschnecke
Es wird vermutet, dass die Tigerschnecke ursprünglich in Süd- und Westeuropa beheimatet war. Inzwischen hat sich der Tigerschnegel in ganz Mitteleuropa ausgebreitet. Hauptsächlich geschah dies durch eine anthropogene Verschleppung, sodass der Schnegel mittlerweile auch in anderen Regionen auf der Welt als Neozoon auftritt. In Deutschland findet man die Tigerschnecke vor allen Dingen in Auen, Gärten und Parks, aber auch in einem feuchten Keller.
Die Tigerschnecke findet man auch in Italien auf Ischia. Dort ist ihre Zeichnung punktartig, wobei die Farbe dem Tuffstein angeglichen wirkt.
Die Merkmale der Tigerschnecke
Zumeist erreicht der ausgestreckte Tigerschnegel eine Länge von 13 Zentimeter. Im Bereich ihres Mantelschilds der getigerten Nacktschnecke zeigt sich auf hellgelbem, bräunlichem oder gar hellgrauem Grund ein unregelmäßiges Muster mit länglichen Flecken. Auf dem Körper der Tigerschnecke sind die Flecken bei gleicher Grundfarbe meist länger und auch in Reihen angeordnet.
An den Seiten des Körpers der Schnecke verdichten sich die Flecken zu dunkleren Streifen. Die Anzahl der Flecken kann nicht pauschalisiert werden, denn es gibt auch fast einfarbige oder gar fleckenlose Tigerschnegel bis hin zu den Exemplaren in Albino-Art.
Die weiße Form des Tigerschnegels (Albino) wird als Varietät candida bezeichnet.
Etwa ein Drittel der gesamten Körperlänge der Schnecke wird vom Mantelschild eingenommen. Der hintere Rand der Nacktschnecke ist eng gerundet. Der Tigerschnegel weis in seinem Mantelschild eine Besonderheit auf, denn dort befindet sich ein kleines kalkiges ca. 13 bis 15 mm langes Schälchen. Dieses Schälchen kann man durchaus mit dem Gehäuse einer Gehäuseschnecke (zum Beispiel Weinbergschnecke) vergleichen.
Zwischen dem Rand des Mantelschilds und der Mittellinie befinden sich zwischen 21 und 26 Furchen. Die Fußsohle der Tigerschnecke ist immer cremefarben. Auf der rechten Seite etwas hinter der Mantelschild-Mitte befindet sich das Atemloch, das auch Pneumostom genannt wird. Das Atemloch von dem Weichtier ist meist dunkel umrandet. Der Kiel des Tigerschnegels ist sehr kurz und nimmt in etwa das letzte Drittel des Rückens ein. Der Schleim, der von dieser Schneckenart abgesondert wird, ist farblos und recht zäh.
Wie alle Schnegel ist die Tigerschnecke ein Zwitter. Dies bedeutet, dass jedes der Weichtiere einen weiblichen und einen männlichen Genitaltrakt besitzt. Je nach Alter und sexueller Aktivität der Tiere ändert die Zwitterdrüse ihre Größe und ihre Farbe. Bei Jungtieren ist diese groß und braun, während sie bei älteren Schnegeln klein, zungenförmig und fast schwarz ist. Kurz vor dem Eintritt in den Eisamenleiter ist der lange und dünne Zwittergang stark gewunden.
Je nach Alter der Tigerschnecke ist die Eiweißdrüse (Albumin Drüse) unterschiedlich groß. Je älter der Tigerschnegel ist, umso größer ist die Eiweißdrüse. Bei allen Tigerschnecken ist der Eisamenleiter (Spermovidukt) lang, dünn und von weißlicher Farbe. Der Penis des Schnegels ist walzenförmig, etwa halb so lang wie der Körper und stark gewunden. Wenig gewunden verläuft der Samenleiter. Über den größten Teil seiner Länge ist der Samenleiter durch ein dünnes Häutchen mit dem Penis verbunden. Der Penis des Tigerschnegels endet halbkugelig, wobei der Endteil durch eine leichte Einschnürung abgesetzt ist und ab dem Ansatz des Retraktormuskels leicht verdickt ist.
Vor dem Apex des Penis der Nacktschnecke sitzt seitlich deutlich sichtbar der Penisretraktormuskel. Etwa auf gleicher Höhe mündet der Samenleiter in den Retraktormuskel, jedoch auf der anderen Seite des Penis. Die eiförmige Samenblase ist klein und mit einem kurzen Stiel versehen. Der freie Eileiter des Tigerschnegel ist röhrenförmig, mäßig lang. Kurz vor der Mündung in das Atrium ist der Eileiter leicht erweitert.
Wie lebt die Tigerschnecke?
Tagsüber verstecken sich die Tigerschnecken, denn sie sind nacktaktiv. In erster Linie ernährt sich Tigerschnegel von Pilzen, welken und abgestorbenen, aber auch frischen Pflanzenteilen. Zur Nahrung der Tigerschnecke gehört auch Aas sowie die räuberische Form der Nahrungsbeschaffung. Die Tigerschnecke kann bei der Nahrungsbeschaffung auch Exemplare überwältigen, die genau so groß sind wie sie selbst.
Hobbygärtner sehen die Tigerschnecke eher als Nützling und nicht als Schädling in ihrem Garten an. Grund hierfür ist, dass die Tigerschnecke unabhängig von ihrer Größe die Eier von anderen Schnecken und deren Nachkommen in Gemüsegärten frisst. Leider wissen dies die wenigsten Gärtner und bekämpfen die Wegschnecke durch Absammeln, durch Aufstellen von Bierfallen oder im schlimmsten Fall durch das Streuen von Schneckenkorn.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden der Tigerschnegel (Limax maximus) und der Schwarze Schnegel Limax cinereoniger) für eine Art gehalten. Es wurde versucht die beiden Schneckenarten in einem Terrarium zu paaren, was gehörig schief ging, denn der Schwarze Schnegel wurde vom Tigerschnegel gefressen. Geschlüpfte Jungtiere, die mit chlorophyllhaltigen Pflanzen gefüttert wurden, starben.
Die Fortpflanzung der Tigerschnecke
Nach ca. 1 ½ bis 1 ¾ Jahren werden Tigerschnecken geschlechtsreif. Die Kopulation von zwei Schnecken beginnt immer damit, dass eines der Weichtiere die Schleimspur des anderen aufnimmt. Sobald sich die beiden Tiere erreichen, beginnt oftmals eine stundenlange Verfolgung, die immer auf die gleiche Weise endet. Das verfolgte Weichtier nimmt an einer fast senkrechten Fläche die geeignete Stellung für die Kopulation ein. Dazu biegt sie sich nach rechts ein und bildet mit der anderen Schnecke einen regelmäßigen Kreis.
Unter gegenseitigem Belecken der Schwanzspitze bewegen sich die beiden Tigerschnegel weiter im Kreis und sondern dabei so viel Schleim ab, dass sich auf dem Untergrund ein runder Fleck bildet. Die beiden Schnegel verkürzen sich in der Folge und werden dabei dicker. Der Vorderkörper ist hierbei spindelförmig angeschwollen und biegt sich nach links und nach rechts. Am Ende dieses Vorspiels verengen die Tiere den Kreis und legen ihren Kopf auf dem Rücken des jeweiligen anderen ab.
Zum jetzigen Zeitpunkt klafft zwar schon die Genitalöffnung, jedoch sind die Genitalien noch nicht zu sehen. Jetzt beginnen die beiden Schnegel sich stürmisch zu umschlingen, schlagen heftig mit dem Vorderkörper, belecken und benagen sich gegenseitig und spreizen die Mantelschilde. Während dieser Form der Bewegung Scheiden die Schnecken mit ihrer Schleimdrüse einen rötlich-gelben Schleimfaden von einer Länge von ca. 1,5 mm aus.
Nach weiteren Bewegungen lösen sich die beiden Schnecken von der Unterlage und hängen mit dem Kopf nach unten am gebildeten Schleimfaden, der sich durch die heftigen Bewegungen immer stärker verdreht und dabei länger wird. Was die endgültige Länge betrifft, sind sich Experten nicht einig. Die einen sprechen von 15 bis 20 Zentimeter und andere wiederum von bis zu 43 Zentimeter. Sobald der Schleimfaden seine maximale Länge erreicht hat, hören die beiden Schnegel mit den Bewegungen auf, bleiben aber miteinander in fast waagerechter Linie verschlungen.
Jetzt erscheinen in den Genitalöffnungen die bis zu 4 Zentimeter und 4 Millimeter dicken Penisse, die durch Hämolymphe bläulich weiß eingefärbt sind. Die Kämme kann man jetzt schon deutlich an den gewellten Säumen erkennen. Die beiden Penisse beginnen sich zu suchen, dazu senken die Schnegel die Köpfe ab. Wenn sie sich endlich gefunden haben, umwinden sie sich. In den Genitalöffnungen erscheinen die Samenpakete und gleiten zu den Spitzen der Penisse.
Haben die Samenpakete die Kämme erreicht, bildet sich eine bläuliche Kugel an den Penisspitzen. In dieser Kugel tritt das Sperma aus den Paketen und wird an den jeweils anderen Penis angeheftet. Nach einer gewissen Zeit beginnen sich die Penisse zu trennen. Die Schnegel lösen sich aus ihrer Umwindung. Die Kopulation dauert meist eine halbe bis eine Stunde.
In Gefangenschaft der Tigerschnecke wurde auch bereits eine Selbstbefruchtung beobachtet.
Die Eiablage
Die erste Eiablage erfolgt im Juli oder August, während die zweite Eiablage erst im Juni/Juli des nächsten Jahres stattfindet. Pro Legeperiode sind es zwei bis vier Gelege mit 100 bis 300 winzig kleinen Eiern. Jedes Ei hat einen Durchmesser von 4 bis 5 mm. Nach 19 bis 25 Tagen ist die Entwicklung beendet und lebende Tigerschnecken schlüpfen.
Viele der Eier werden jedoch durch Parasitenbefall vernichtet. Die frisch geschlüpften Tigerschnecken sind sehr klein und blass weiß. Etwa eine Woche später bekommen sie die ersten Bänder und wirken gestreift bzw. dunkelgrau. Im Schnitt wird ein Tigerschnegel 2,5 bis 3 Jahre alt.
Zusammenfassung
Tigerschnecken sind mittlerweile weltweit verbreitet und zählen gerade bei Hobbygärtnern zu den Nützlingen im Gemüsegarten. Tigerschnegel fressen unter anderem die Eier von anderen Schnecken und deren Nachkommen. Die Kopulation zweier Tigerschnecken ist ein sehenswertes Schauspiel, das sich bis zu einer Stunde hinziehen kann.
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