Produktiv im Home-Office
Mehr als 17 Millionen Deutsche arbeiten in einem Büro, 33 Prozent davon sitzen täglich in einem Einzelbüro. Immerhin 27 Prozent teilen sich ihre Arbeitswabe mit einem Kollegen, 40 Prozent, also die Mehrheit, sitzt in einem Mehrpersonenbüro. Jeder Zweite ist der Ansicht, dass sein Büro schlecht klimatisiert und zu klein ist. Andere sind von dem ständig ausfallenden Drucker genervt, der Computer ist alt oder stürzt häufig ab. Zusammengefasst: Das Leben im Büro scheint alles andere als produktiv zu sein. Kein Wunder, dass sich immer mehr Menschen für ein Home-Office entscheiden, wo sie mehr Freiheit besitzen und theoretisch produktiver arbeiten können. In der Praxis sind viele aber auch im heimischen Büro nicht so produktiv, wie sie es sich vorgestellt haben. Schuld daran ist die nicht optimierte Arbeitsumgebung: Angefangen bei ablenkenden Dingen wie Fernsehern über unpassende Büromöbel bis hin zu einer schlechten Arbeitsweise – all das schränkt die Produktvitität ein. Nachfolgend möchten wir Ihnen erklären, wie Sie ihr Home-Office in eine produktive Manufaktur verwandeln können.
Sind Sie der richtige Typ für das Home-Office?
Das Arbeiten in den eigenen vier Wänden erfordert zwei maßgebende Dinge:
- Organisation
- Selbstdisziplin
Obwohl diese beiden Forderungen ausschlaggebend für den Erfolg sind, lassen sich viele Menschen nicht von ihrem Wunsch Heimarbeit abschrecken. Sie sind davon überzeugt, dass beides kein Problem für sie darstellt. Dabei ist die Heimarbeit nicht für jeden Menschen das Richtige.
2012 veröffentlichte Team Viewer eine Studie zum Thema Home-Office. Laut dieser Studie interessiert sich jeder dritte Mann und jede zweite Frau für die Arbeit von zu Hause aus. Unabhängig davon, ob die Arbeit im Home-Office interessant und wirkungsvoll ist oder nicht, müssen Interessierte zunächst feststellen, ob sie überhaupt der Typ dafür sind.
Bei näherer Betrachtung sprechen zunächst viele Dinge für die Heimarbeit:
- flexible Arbeitsstunden
- (meist) freie Arbeitseinteilung
- Selbstständigkeit
- viele Möglichkeiten zum Entspannen
- Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Wie in vielen anderen Situationen gibt es aber auch hier nicht ausschließlich nur Vorteile, sondern auch einige Nachteile, die niemand ignorieren sollte. Zwar erlauben viele Unternehmen die Einrichtung eines Heimbüros, jedoch sind die Arbeitszeiten in vielen Fällen genau dieselben wie im Büro der Firma. Die ständige Erreichbarkeit kann sogar zulasten des Heimarbeiters führen, der letztendlich mehr arbeitet, dafür aber nicht zwingend mehr verdient. Wer mit diesen Problemen nicht umgehen beziehungsweise sie lösen kann, ist nicht der Typ für diese besondere Arbeitsweise.
Den inneren Schweinehund besiegen
Wer das Glück hat, von zu Hause aus zu arbeiten, sollte diese Chance zu seinem Vorteil nutzen. Heimarbeiter müssen lernen, dass die Verantwortung einzig und alleine bei ihnen liegt. Arbeitgeber werden ein Home-Office nur dann akzeptieren, wenn Sie in der Lage sind, Ihre Aufgaben auch fristgerecht zu erledigen. Bei Freelancern ist die Situation weitaus schwieriger. Wer hier seine Projekte nicht rechtzeitig abliefert, der verliert seine Kunden und bedroht damit seine Existenz. Heimarbeiter müssen dementsprechend ihren eigenen Rhythmus finden. Sie sind dazu verpflichtet, ihre Arbeit und ihren Arbeitsablauf gut zu organisieren, Zeitpläne zu erstellen und Versuchungen sowie Ablenkungen zu widerstehen. Folgende Tipps helfen, den inneren Schweinehund zu besiegen.
1. Die Umgebung muss wie ein Arbeitsplatz aussehen
Ein Home-Office mit Fernseher, Espressomaschine und Spielekonsole klingt nach einem wahren Traum, in Wahrheit ist es aber ein absoluter Killer für die Produktivität. Wem die Lust zum Arbeiten fehlt, der sitzt wahrscheinlich mit seinem Notebook zu gemütlich auf der großen Couch. Sinnvoller ist es, sich eine Arbeitsecke einzurichten. Mehr dazu in unserem Artikel „Wie Sie das Home-Office sinnvoll einrichten können“. Wem das nicht genug ist, der kann weitere Tricks anwenden, um in „Arbeitsstimmung“ zu kommen. Ziehen Sie ihren Anzug oder die Kleidung an, die Sie auch im Büro tragen würden, und gehen Sie ruhig fünf Minuten aus dem Haus, bevor die Arbeit beginnt. Alles, was Sie in Arbeitsstimmung bringt, ist willkommen.
2. Arbeit nicht mit Privatleben vermischen
„Ein kurzer Blick auf Facebook kann doch nicht schaden“ – so denken die meisten Heimarbeiter. In Realität sinkt die Produktivität jedes Mal, wenn die Arbeit vernachlässigt wird. Aus einem kurzen Blick auf die Timeline von Facebook werden 30 vergeudete Minuten, weil man dabei noch einige Fotos und Posts betrachtet hat. Zeit ist Geld – das gilt besonders für Menschen, die im Home-Office arbeiten. Viele von ihnen sind als Freelancer beschäftigt und arbeiten auf Projektbasis. Jede verschwendete Minute bedeutet also rausgeworfenes Geld. Wer es nicht lassen kann, in regelmäßigen Abständen Twitter und Co. aufzurufen, sollte es zumindest kontrolliert tun: 50 Minuten arbeiten und dann zehn Minuten Pause für anderweitige Beschäftigungen. Danach geht es aber weiter mit der Arbeit!
3. Feste Strukturen schaffen
Je nach Tätigkeit kann es durchaus vorkommen, dass die Arbeit nicht konsequent über mehrere Stunden zu erledigen ist. Gerade bei geistig-kreativen Arbeiten kommen Blockaden vor. Bleiben Sie ruhig und gönnen Sie sich in diesem Fall eine Pause. Ein Spaziergang an der frischen Luft, ein Tee im örtlichen Café – all das kann die Kreativität anregen und den nötigen Denkanstoß bringen. Wer sein Notebook dabei hat, der kann im Café gleich weiterarbeiten. Das Home-Office muss nicht immer zwingend zu Hause sein! Dennoch sollten diese Pausen nicht zur Angewohnheit werden. Ratsam ist es, feste Arbeitsblöcke einzurichten und den Körper daran zu gewöhnen. Vorlieben, Gewohnheiten sowie häusliche Bedingungen müssen dabei berücksichtigt werden. Müssen Sie mit dem Hund regelmäßig Gassi gehen? Dann nutzen Sie diese Minuten an der frischen Luft als Pause zum Entspannen zwischen Ihren Arbeitsblöcken.
4. Sich selbst beobachten und studieren
Aller Tricks und Tipps zu trotz gibt der innere Schweinehund nicht immer komplett nach, hin und wieder taucht er wieder auf und nutzt Lücken im System schamlos aus. Betroffene müssen lernen, sich selbst zu beobachten und besser kennenzulernen. Welche Form nimmt der innere Schweinehund an und wie kann man ihn besiegen?
Beispiel: Die Wettervorhersage für den ganzen Tag verspricht einen wolkenfreien Himmel und warme Temperaturen. Grund genug, die Arbeit auf morgen zu verschieben. Schließlich könnte das launische Wetter bereits morgen umschwingen. Wer so denkt, wird wohl nie zum Arbeiten kommen. Um einen Kompromiss zu schließen, kann man an diesem Tag nur vier statt acht Stunden arbeiten und dafür im Anschluss das traumhafte Wetter genießen.
5. Ausreden gibt es nicht
Das schlechte Gewissen mit Ausreden beruhigen bringt in so ziemlich allen Situationen des Lebens keinen Vorteil. Statt sich mental zu bestrafen, sollten Sie sich lieber nach dem erfolgreichen Abschluss einer Arbeit oder eines Projekts belohnen. Gönnen Sie sich das neue Smartphone, von dem Sie so lange träumen oder machen Sie einige Tage Urlaub mit der Familie.
5 Regeln für den Aufbau einer produktiven Arbeitsumgebung
Regel 1: Produktivität beginnt mit verlässlicher Technologie
Am Anfang des Textes wurde erwähnt, dass in vielen Büros alte Computer stehen, die in den meisten Fällen unzuverlässig arbeiten. Sie stürzen ab, bleiben hängen, die Arbeit geht verloren und der Mitarbeiter ist genervt. Den perfekten Computer gibt es nicht, schließlich sind viele Menschen an diverse Anforderungen gebunden. Einige Programme laufen zum Beispiel ausschließlich auf Windows, teilweise sogar nur auf veralteten Versionen dieses Betriebssystems. Wer jedoch relativ frei arbeiten und nicht an solche Limitierungen gebunden ist, sollte sich für ein produktives, absturzsicheres System entscheiden. Zwei Kandidaten kommen infrage: Linux und Mac OS. Erstere hat den Vorteil, dass es kostenlos ist und auf nahezu jedem System läuft. Mac OS dagegen läuft (theoretisch) nur auf Mac Hardware, und diese ist bekanntlich nicht die günstigste. Diese Investition kann sich aber, wenn man bedenkt, wie viel Stress, verlorene Arbeit und Aufwand man sich erspart, durchaus lohnen.
Regel 2: Investitionen sind sinnvoll, aber nicht übertreiben
Wie zuvor erwähnt ist verlässliche Technologie essenziell für Produktivität jedoch hat jeder Mensch unterschiedliche Wünsche an ihren Computer-Arbeitsplatz. Investitionen in diesem aber auch anderen Bereichen sind durchaus sinnvoll, solange nicht übertrieben wird. Infrage kommt also die Anschaffung eines neuen Computers oder Notebooks und womöglich ein Schreibtisch inklusive Bürostuhl. Diese Dinge bilden die Basis eines produktiven Arbeitsplatzes. Extras wie ein besonders teurer externer Monitor, der nicht zwingend benötigt wird, weil keine Design-Arbeit erledigt wird, machen dagegen keinen Sinn. Dieses Geld können Freelancer dagegen in Software investieren. Gerade für das Mac-System gibt es zahlreiche Programme, die gut aber kostenpflichtig sind. Alle Investitionen, die den Arbeitsablauf erleichtern und automatisieren, erhöhen letztendlich auch die Produktivität.
Regel 3: Die Basis der Organisation ist ein guter Plan
Wenn die verlässliche Technologie und die Investition in Software und Hardware getätigt ist, müssen Heimarbeiter nur noch einen Arbeitsplan erstellen, an den sie sich halten können:
- Feste Arbeitszeiten festlegen und Kunden oder Arbeitgeber mitteilen.
- Störquellen (Fernseher, Türklingel, Smartphone, etc.) ausschalten.
- An die Arbeitszeiten halten (siehe den inneren Schweinehund besiegen).
- Rituale schaffen, um den Übergang von Arbeit zu Freizeit zu schaffen.
- Für eine gute Beleuchtung am Arbeitsplatz sorgen.
- Regelmäßig kurze Pausen einlegen und den Raum lüften.
- Mittagspause mit Bewegung kombinieren.
- Ausreichend und regelmäßig essen sowie trinken.
- Termine mit einem Kalender am Computer planen.
- Aufgabenliste erstellen, mit deren Hilfe ein Tagesplan erstellt wird.
- Notizbuch ständig bereithalten und aufkommende Gedanken festhalten.
- Zeitaufwand für Aufgaben (mit Software) dokumentieren.
- Für wiederkehrende Aufgaben Formulare und Checklisten anlegen.
- Wenn möglich, mit leiser Hintergrundmusik arbeiten.
Regel 4: Ergonomische Möbel sind ein Muss
Menschen, die täglich in einem Büro arbeiten, erledigen einen Großteil ihrer Arbeit sitzend. Dass eine fehlende Bewegung problematisch ist, sollten die meisten wissen. Doch auch das Sitzen an sich ist nicht sonderlich gesund, besonders dann nicht, wenn die Sitzhaltung falsch ist. Die Folgen sind Rückenschmerzen, die man nur noch mit einer therapeutischen Behandlung los wird. Um diesen vorzubeugen, ist die Anschaffung von ergonomischen Büromöbeln sinnvoll. So ist ein ergonomischer Bürostuhl höhenverstellbar und besitzt variable Armlehnen. Die Rückenlehne federt sanft und lässt sich der eigenen Sitzhaltung individuell anpassen. Beim Bürotisch können Heimarbeiter auch eine Variante wählen, die höhenverstellbar ist. Dies hat den Vorteil, dass Sie an diesem Tisch auch im Stehen arbeiten und so Ihren Rücken entlasten können. Trotz eines ergonomischen Arbeitsplatzes darf man die regelmäßige Bewegung natürlich nicht vernachlässigen.
Genauso wichtig wie die Ergonomie ist die Möglichkeit, Unterlagen und sonstiges Material in Ablagen unterzubringen. Wer Ordnung in sein Chaos bringt, wird automatisch produktiver.
Regel 5: Mit Freunden und Familie abstimmen
So gut die eigene Organisation, die Möbel und verwendete Technologie auch sein mag, Heimarbeiter müssen klare Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben setzen. Leider sind Freunde und Familie häufig der Ansicht, dass man ständig für sie zur Verfügung steht, nur weil man von zu Hause aus arbeitet. Diese Störungen sollte niemand zur Gewohnheit werden lassen, ansonsten ist produktives Arbeiten von zu Hause nicht möglich. Dem Problem kann man glücklicherweise sehr einfach vorbeugen: Vor dem ersten Tag im Home-Office wird Familie und Freunden die Situation erklärt und um Verständnis gebeten. Dabei sollten Sie deutlich machen, dass sie zwar körperlich zu Hause, jedoch gedanklich bei der Arbeit sind.
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