Praxisbeispiel: So berechnen Familien alle anfallenden Kosten für einen Hausbau

Praxisbeispiel: So berechnen Familien alle anfallenden Kosten für einen Hausbau

Viele Menschen träumen davon, in ihrem eigenen Haus zu wohnen. Etwa vier Millionen Menschen planen jedes Jahr, in den nächsten zwei Jahren ein Haus zu bauen oder zu kaufen. Die Erfüllung dieses Traumes ist für die meisten Bundesbürger mit einer Kreditaufnahme verbunden.

Die Baufinanzierung ist die größte finanzielle Aufgabe, die die meisten Menschen in ihrem Leben auf sich nehmen. Zwischen zehn und 30 Jahre brauchen die meisten Verbraucher, bis sie ihr Darlehen getilgt haben. In dieser Zeit müssen sie Monat für Monat einen nicht zu vernachlässigen Betrag an ihren Kreditgeber abgeben. Nach der Tilgungszeit bleibt ihnen aber etwas Wertvolles übrig: ein Eigenheim.

In dem nachfolgenden Artikel zeigen wir anhand von der Familie Mustermann, wie Verbraucher ihre Baufinanzierung berechnen können und was bei diesem Prozess zu beachten ist.

Wie berechne ich die Kosten für einen Hausbau?

Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht für alle anfallenden Kosten, auf die sich Familie Mustermann einstellen muss:

Kosten in €
Grundstückskosten70.000
Maklerkosten (3,57 %)2.499
Notar- und Gerichtskosten (2,0 %)1.400
Grunderwerbsteuer (6,0 %)4.200
Baukosten je qm [8]1.600
Baukosten192.000
Außenanlagen (10 %)19.200
Baunebenkosten (18 %)34.560
Gesamtkosten323.859
Eigenkapital62.000
Finanzierungsbedarf261.859

Bei den Baukosten ist zu beachten, dass der Grunderwerbsteuersatz von Bundesland zu Bundesland verschieden ist. In Hessen beträgt er seit dem 1. August 2014 sechs Prozent.

  • Familie Mustermann hat sich für ein Einfamilienhaus mit einer Nutzfläche von 120 Quadratmetern entschieden.
  • Familie Mustermann hat ein Grundstück mit 703 Quadratmetern Fläche gefunden, für welches es 70.000 Euro zahlen wird.
  • Familie Mustermann hat Jahre lang gespart und Geld von beiden Eltern erhalten. Das Eigenkapital beläuft sich auf 62.000 Euro.

Familie Mustermann muss insgesamt 261.859 Euro finanzieren.

In unserem Beispiel haben Herr und Frau Mustermann noch nicht das 30. Lebensjahr erreicht, deshalb können sie sich ruhig bis zu 30 Jahre Zeit lassen, um das Darlehen zu tilgen. Wichtig ist, dass sie den Kredit abbezahlen, bevor sie in Rente gehen.

Familie Mustermann stellt sich vor

Unsere Familie Mustermann ist eine klassische Familie der deutschen Mittelschicht. Sie besteht aus drei Mitgliedern:

  1. Werner Mustermann: 29 Jahre alt, Kraftfahrzeugmechatroniker, verdient 1.946 Euro brutto pro Monat [1], Steuerklasse IV.
  2. Susanne Mustermann: 27 Jahre alt, Bürokauffrau, verdient monatlich 1.785 Euro brutto, Steuerklasse IV.
  3. Sebastian Mustermann: 4 Jahre alt, besucht den Kindergarten.

Beide Ehepartner sind in der Lohnsteuerklasse 4 und nutzen den Kinderfreibetrag nicht. Werner zahlt 193,41 Euro, Susanne 157,75 Euro Steuern, zusammen also 351,16 Euro. Mit dem Kindergeld ergibt sich ein monatliches Einkommen von 3.563,84 Euro.

Die Familie wohnt derzeit in einer 85 Quadratmeter großen Mietwohnung in Gießen (Hessen). Laut dem Mietspiegel-Index 2015 für Gießen (Quelle: immowelt.de) beträgt der durchschnittliche Preis pro Quadratmeter 8,31 Euro. Ihre monatliche Miete beträgt folglich 706 Euro.

Da die Familie seit Jahren den Hausbau plant, hat sie darauf verzichtet, einen Kredit aufzunehmen. Sie besitzt einen Pkw, mit dem der Familienvater jeden Tag zur Arbeit fährt. Der Familie Mustermann steht folglich folgendes monatliches Budget zur Verfügung.

Wert in €
Einkommen Werner+ 1.752,59
Einkommen Susanne+ 1.627,25
Kindergeld Sebastian+ 184,00
Miete– 706,00
Nebenkosten [2]– 229,50
Benzin [3]– 54,80
Nahrungsmittel– 508,00
Monatskarte (Verkehrsmittel) Susanne– 43,00
Freizeit / Kultur [4]– 192,02
Altersvorsorge [5]– 249,47
Versicherung (Haftpflicht + Hausrat)– 12,5
Körper & Gesundheit [6]– 142,55
Kleidung [7]– 178,19
Monatliches Haushaltsbudget1.247,81

Die Prozentangaben vieler zuvor genannten Kosten wurden von einer Modellrechnung für einen Haushalt mit zwei Erwachsenen und einem Kind des Beratungsdienstes der Sparkasse übernommen.

Familie Mustermann bleiben jeden Monat 1.247,81 Euro übrig, nachdem sie alle notwendigen Zahlungen getätigt hat. Dieser Wert ist jener, den die Familie maximal zur Tilgung ihres Darlehens aufwenden kann.

3 Baukosten-Fallen, auf die Familien nicht hereinfallen sollten

Der Hausbau ist für Menschen wie unsere Familie Mustermann ein klassischer Lebenstraum. Dieser geht aber nicht immer in Erfüllung. Drei typische Fallen sind Gründe, warum er scheitern kann:

  1. Baunebenkosten: Unabhängig davon, ob Familien mit einem Architekten oder Bauträger bauen. Die reinen Baukosten sind nicht der Endbetrag, den Bauherren zahlen müssen. Viele Verbraucher vergessen die entstehenden Baunebenkosten, welche sich aus variablen Kosten wie der Grunderwerbsteuer sowie Notar- und Gerichtskosten zusammensetzen.
  2. Baufinanzierung: So manches Bauvorhaben scheitert, weil die Finanzierung zu knapp bemessen wurde. Verständlicherweise möchte man einen möglichst geringen Kredit aufnehmen. Wer aber falsch rechnet, der läuft Gefahr, das Bauvorhaben nicht abschließen zu können.
  3. Schwarze Schafe: Immer wieder ist von Familien zu hören, die in die Falle eines unseriösen Unternehmens der Baubranche getappt sind. Viele dieser Firmen nehmen Teilzahlungen an und melden danach Konkurs an. Bauherren haben meist keine Chance, ihr Geld zurückzubekommen.

Das passende Finanzierungsmodell für Familie Mustermann

Familie Mustermann muss 261.859 Euro finanzieren und darf dafür nicht mehr als 1.247,81 pro Monat ausgeben. Zur Berechnung der nachfolgenden Beispielfinanzierung haben wir eine Vergleichsseite für Bauzinsen verwendet. Dabei wurde folgendes Kriterium festgelegt:

  • Angesichts aktuell niedriger Bauzinsen möchte Familie Mustermann den Zinssatz möglichst lange sichern, falls keine Volltilgung möglich ist.

Das beste Angebot, welches wir finden konnten, sieht wie folgt aus:

Wert
Darlehensbetrag261.859,00 €
Kaufpreis Objekt323.859,00 €
Beleihungswert [9]80,86 %
Sollzinssatz p.a.2,77 %
Tilgungssatz p.a. im ersten Jahr2,80 %
Dauer der Sollzinsbindung25 Jahre
Monatliche Darlehensrate1.215,46 €
Restschuld0,00 €

Nach der monatlichen Darlehensrate bleibt Familie Mustermann noch 32,35 Euro übrig. Dieses Geld kann sie beispielsweise in ein Festgeldkonto investieren. Bei beiden Ehepartnern wurden mögliche Gehaltserhöhungen nicht berücksichtigt. Da beide jung sind, sollten diese in den kommenden Jahren anstehen und den monatlich zur Verfügung stehenden Restbetrag erhöhen.

Am Ende der Zinsbindung, also nach 24 Jahren und zehn Monaten, hat Familie Mustermann den gesamten Betrag von 261.859 Euro getilgt. In den rund 25 Jahren hat die Familie knapp 100.000 Euro an Zinsen gezahlt.

Falls Familie Mustermann fürchtet, dass die monatlichen Raten zu hoch sind, kann sie die Monatsrate zur Tilgung des Darlehens niedriger festlegen. Bei einer Monatsrate von 1.150 Euro würde die Tilgung 27 Jahre dauern. Die insgesamt fälligen Zinszahlungen wären dann um 9.000 Euro größer. Dafür würde aber auch eine Restschuld von rund 26.000 Euro übrig bleiben.

Zusammenfassung

Dieser Artikel zeigt anhand eines Praxisbeispiels, wie genau zukünftige Bauherren ihr Vorhaben kalkulieren müssen. Die Berechnung beginnt mit einer Gegenüberstellung aller Einnahmen und Ausgaben. Der übrig gebliebene Wert ist die Monatsrate, die die Familie maximal zahlen kann.


Fußnoten

  1. Für die Berechnung der Gehälter beider Berufe haben wir die Statistiken von gehaltsvergleich.com zurate gezogen.
  2. Orientierungswert laut bonusmieter.de beträgt 2,70 € monatlich pro Quadratmeter
  3. Benzinpreis für Gießen zum Zeitpunkt der Berechnung: 1,459 €; Fahrzeugverbrauch: 7,5 l; Zurückgelegte Strecke: 25 km
  4. 11 Prozent des Haushaltseinkommens
  5. 7 Prozent des Haushaltseinkommens
  6. 4 Prozent des monatlichen Einkommens
  7. 5 Prozent des Monatsbudgets
  8. Richtwert: 1.600 € je Quadratmeter
  9. Familie Mustermann erfüllt mit ihrem Eigenkapital dem empfohlenen Wert von 10 bis 20 %

Artikelbild: © baranq / Shutterstock


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