Mietrecht: Darf die Wohnung gekündigt werden, weil das Kind zu laut ist?

Mietrecht: Darf die Wohnung gekündigt werden, weil das Kind zu laut ist?

Im Januar 2019 wurde einer Familie die Wohnung mit der Begründung gekündigt, dass die zweijährige Tochter angeblich dauerhaft zu laut gewesen sei. Doch ist es überhaupt rechtens, dass ein Vermieter so handelt? Oder müssen andere Mieter im Haus akzeptieren, dass Kinder nun mal naturgemäß ein gewisses Maß an Lärm verursachen?

Kinder verursachen naturgemäß einen gewissen Lärm

Für die meisten Menschen dürfte es kein Geheimnis sein, dass Kinder Lärm machen. Gerade Kleinkinder können beim Toben und Spielen sehr laut werden. Das kann nicht nur eine echte Nervenprobe für die Eltern sein, sondern insbesondere in Mietshäusern mit mehreren Mietparteien auch die Nachbarn in einem erheblichen Maße belästigen.

Dies ist erst kürzlich in einem Mehrfamilienhaus in Dortmund so geschehen: Die anderen Mieter führten sich durch die Geräuschkulisse, die von einer Zweijährigen erzeugt wurde, derart gestört, dass sie sich mit einem gemeinsamen Beschwerdebrief an ihren Vermieter wandten.

Jener Vermieter, ein bekanntes und großes Wohnungsunternehmen, mahnte die Eltern erst einmal schriftlich ab. Als sich die Situation nicht besserte und das Kind weiterhin zu laut blieb, folgte daraufhin die fristlose Kündigung. Darin wurden die Eltern aufgefordert, bereits bis Anfang Februar ihre Wohnung zu räumen.

Gerade angesichts der aktuellen Wohnmarktsituation und der Knappheit an preiswerten Mietwohnungen war das ein Schock für die Eltern.

Altersgerechter Lärm darf nicht zu einer Kündigung führen

Es bleibt die Frage zu klären, ob diese Vorgehensweise des Vermieters überhaupt zulässig ist. Siegmund Chychla, Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender des Mietervereins Hamburg, stellt auf diese Frage hin klar, dass es unbedingt notwendig sei, zwischen dem Lärm eines Erwachsenen oder Jugendlichen und dem Lärm eines zweijährigen Kleinkindes zu unterscheiden.

Grundsätzlich sei es ausgeschlossen, dass altersgerechter Lärm, der von einem zweijährigen Kind im Alltag verursacht wird, zu einer Kündigung der Mietwohnung führt. Als altersgerecht gelte dabei auch Lärm, der durch Spielen, Toben, Weinen oder auch Schreien in der Wohnung entsteht.

Große Hürden für eine derartige Kündigung

Der Jurist merkt an, dass sich ein Vermieter in einem derartigen Fall unter normalen Umständen sicher nicht durchsetzen könne. Es gebe aber Ausnahmen, wenn:

  • die Eltern ihrer Erziehungs- und Fürsorgepflicht nicht ordnungsgemäß nachkommen
  • die lauten Geräusche von vernachlässigten Kindern stammen
  • der Lärm durch Misshandlungen der Kinder entsteht

Chychla betont aber auch, dass die Hürden für eine durch Kinderlärm bedingte Kündigung außerordentlich hoch lägen. Dabei gebe es keine Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern, weil das Mietrecht Bundesrecht ist.

Familie aus Dortmund will die Wohnung nicht kampflos aufgeben

Im konkreten Fall in Dortmund bezog sich der Vermieter jedoch genau auf diese Ausnahmen. Wie eine Sprecherin des Unternehmens äußerte, habe es vermehrt Beschwerden gegen die Familie gegeben. Sie mutmaßte, dass die Eltern ihrer Erziehungspflicht nicht ordentlich nachgekommen seien und ihr Kind sogar dazu ermutigt hätten, besonders laut zu sein.

Die Mutter des zweijährigen Kindes stritt das aber ab. Sie gab an, ihre Tochter verursache einfach nur jenen Lärm, der für ein Kind in diesem Alter eben normal sei. Die Familie weigert sich deshalb, die Wohnung einfach kampflos aufzugeben und will wenigstens solange dort wohnen bleiben, bis sie einen passenden Ersatz gefunden hat.

Meist sind Familien in der Minderheit

Laut Chychla hat der Vermieter im geschilderten Fall in Dortmund mit der Kündigung die härteste mögliche Maßnahme ergriffen. Wenn der Fall vors Gericht geht, so müsse erst einmal nachgewiesen werden, dass die Eltern wirklich vertragswidrig gehandelt haben. Dies könne zum Beispiel durch eine Befragung der Nachbarn geschehen.

Allerdings könnte das gleich zum nächsten Problem führen: Chychla betont, dass gerade in Ballungsräumen und Großstädten Haushalte mit kleinen Kindern in der Minderheit seien. Dies zeigt sich gut am Beispiel von Hamburg, wo es insgesamt rund eine Million Haushalte gibt. Laut dem Statistikamt Nord leben gerade einmal in knapp 18 Prozent dieser Haushalte Kinder unter 18 Jahren.

Die Mehrheit der Wohnungen wird in Hamburg von Alleinstehenden bewohnt. Oft gibt es in Mehrfamilienhäusern daher nur eine Familie mit kleinen Kindern. Wenn sich der Rest der Nachbarschaft gegen diese Familie verbündet, sind Probleme natürlich vorprogrammiert.

Zusammenfassung

Einer Familie in Dortmund wurde im Januar 2019 fristlos die Wohnung gekündigt, weil ihre zweijährige Tochter angeblich unverhältnismäßig laut sei. Eine solche Kündigung ist aber nur unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt zulässig – etwa, wenn die Eltern ihrer Aufsichts- und Erziehungspflicht nicht nachkommen.

Artikelbild: pressmaster / Bigstock.com


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