Maiglöckchen
Das Maiglöckchen ist eine gefährliche Schönheit. Einerseits entzückt es mit seinen zierlichen weißen Blüten in Glockenform und einem intensiven süßlichen Duft. Andererseits ist diese Frühlingsblume aus der Familie der Spargelgewächse besonders giftig. In Nordamerika nennt man das Maiglöckchen „Lily of the valley“ (Lilie des Tals). Denn dort und auch in den gemäßigten Zonen Europas und Asiens wächst es wild in den Tallagen lichter Laub- und Kiefernwälder. In der Natur weit verbreitet, hat die Staude daneben als Kulturpflanze Karriere gemacht. Sie ist als robuster Gartenblüher beliebt und kann auch als Topfpflanze gezogen werden.
Blütenöl für die Parfümherstellung
Nicht nur Gärtner und Floristen befassen sich mit dem Maiglöckchen (lat. Cavallaria majalis). Auch Parfümeure beschäftigen sich gerne damit. Seit langem wird das Blütenöl zur Herstellung von Damendüften verwendet. Es gibt kein Unternehmen der Parfümindustrie, das nicht eine Flüssigkeit mit dem feinen Aroma im Sortiment führt. Nicht nur die natürliche Essenz kommt zum Einsatz, sondern häufig auch ein synthetischer Duftstoff. So verströmen zum Beispiel Badeöle, Cremes, Kerzen und Raumsprays den (künstlichen) Wohlgeruch der Maiblume.
Alle Pflanzenteile sind giftig
Das Maiglöckchen hat aber auch eine Eigenschaft, die im Ernstfall dazu führen kann, dass ein Arzt eingreifen muss. Alle Teile der Pflanze sind sehr giftig, vor allem aber die Blüten und die sich daraus bildenden roten Fruchtbeeren. Bei äußerem Kontakt können Haut- und Augenreizungen auftreten. Gelangt die giftige Substanz durch den Mund in den Organismus, sind oft Übelkeit, Schwindel und Durchfall die Folge. Im schlimmsten Fall führt die Vergiftung zum Herzstillstand. Im Umgang mit dem hübsch harmlos anmutenden Maiglöckchen sind also Vorsicht und Fingerspitzengefühl erforderlich. Gerade Kinder sind gefährdet. Die schon im Mittelalter bekannten schädlichen Inhaltsstoffe haben dem Maiglöckchen sogar gerade einen Titel beschert: „Giftpflanze des Jahres 2014“, vergeben vom Botanischen Sondergarten Hamburg-Wandsbek. Es steht damit in einer Reihe mit Rotem Fingerhut, Goldregen und anderen gefährlichen Gewächsen.
Staude mag halbschattigen Standort
Ihre Beliebtheit als Gartenzierde dürfte die sich fleißig vermehrende Maiblume durch diese neue „Ehre“ nicht einbüßen. Mit ihren schneeweißen, im Wind leicht wippenden Glockenkelchen im traubenförmigen Blütenstand und den strammen, spitz zulaufenden Blättern ist das Maiglöckchen sehr dekorativ. Es gibt auch Zuchtformen mit rosafarbenen oder gefüllten Blüten sowie grün-weiß gestreiften Blättern. Alle Arten eignen sich besonders zum Einsetzen unter Sträuchern und Bäumen. Die heimische kleine Staude mag halbschattige Standorte und einen sandig-lehmigen Boden, der als Dünger gelegentlich Komposterde erhält. Gewährt man der Pflanze viel Platz, dankt sie dies mit üppigem Wachstum und flächiger Ausbreitung.
Vortreiben auf der Fensterbank
In der kalten Jahreszeit kann der Gärtner die Pflanzen getrost sich selbst überlassen. Sie sind winterhart und überstehen ohne Schutz Temperaturen bis etwa minus 40 Grad. Reserven für den Austrieb in der nächsten Saison sammelt das Maiglöckchen, wie viele Frühlingsblüher, unterirdisch. Die Arbeit verrichtet in bis zu 50 Zentimeter das Rhizom, ein sich weit verzweigender Wurzelstock mit Speicherkapazitäten. Aus dem starken Wurzelwerk wachsen dann die zweiblättrigen Triebe. Möchte man sich schon um Weihnachten herum an Maiglöckchen erfreuen, kann man es mit dem Vortreiben auf der Fensterbank versuchen. Dafür werden im Garten kleine Stücke aus einer älteren Staude ausgestochen und in Töpfe gesetzt.
Übrigens: Wer Maiglöckchen in freier deutscher Wildbahn begegnet, sollte sich daran erfreuen, mehr nicht. Ausbuddeln verboten! Die Pflanze steht unter Naturschutz.
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