Krieg der Formate: Lossy vs. Lossless
Seit Jahren nimmt die Zahl der legalen Musik-Downloads stark zu, während CD-Verkäufe rückläufig sind. Seitdem spielen Dateiformate wie MP3 und AAC eine immer größere Rolle in der Musikbranche. Ein Großteil der Menschen kennt allerdings nicht den Unterschied zwischen den einzelnen Codecs, geschweige denn Lossless- und Lossy-Formaten.
Das Problem: Online-Shops verkaufen MP3s häufig als „CD-Qualität“, dabei ist das technisch gesehen gar nicht möglich. Das Format MP3 ist ein komprimiertes (lossy) Format, welches für das menschliche Ohr nicht hörbare Töne aus der Musikdatei herausschneidet. Das Ergebnis ist eine kleine Musikdatei, die ähnlich guten Ton bietet – so die Theorie.
Neben den Lossy-Formaten wie MP3 und AAC gibt es Lossless-Formate wie FLAC und ALAC. Der iPod ist bereits seit Ende 2003 in der Lage, das Lossless-Format ALAC abzuspielen. Ein Großteil der iPod-Besitzer nutzt dagegen nach wie vor die Lossy-Formate MP3 und AAC, weil sie eben kleiner sind und, Experten zufolge, kein hörbarer Unterschied zwischen den komprimierten und unkomprimierten Daten zu hören ist.
Ein Blick auf die digitalen Musikformate
Seit der Einführung der iPods und MP3-Player haben CD-Player ausgedient. Natürlich wollte zu jener Zeit niemand seine CDs wegwerfen und neue digitale Titel kaufen. Stattdessen wurde die CD-Sammlung in MP3s digitalisiert. Entwickelt ab 1982 vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen wurde die MP3 1992 als Teil des MPEG–1-Standards festgeschrieben. Das Prinzip ist simpel: Bei der Komprimierung wird das sogenannte Pulse Code Modulation (PCM) Format einer CD in eine platzsparende MP3 konvertiert. Wie zuvor erwähnt, werden im Grunde nicht hörbare Daten entfernt und so Platz gespart. Das Ergebnis sind Dateien, die bis zu 90 Prozent kleiner sind, als die Originaldatei.
Natürlich sind MP3s nicht die einzige Option, es gibt auch andere Formate. Ein Großteil der heute genutzten Formate ist allerdings lossy:
- .mp3: Das beliebteste Format und der Standard vieler Webseiten. Mithilfe einer verlustbehafteten Kompression wird eine ideale Balance zwischen Größe und Audioqualität erzeugt.
- .aac: Dieses Lossy-Format ist MP3 in vielen Punkten überlegen, konnte sich allerdings aufgrund der späten Veröffentlichung nicht gegen den Konkurrenten behaupten. Ein Nachteil ist seine schwache Kompatibilität, es wird überwiegend von Apple unterstützt.
- Andere: OGG, WMA, ATRAC sind alternative Musikformate, die wenige Menschen nutzen.
Lossless vs Lossy
Eine dreiminütige Musikdatei auf einer CD besitzt eine Größe von etwa 30 bis 40 Megabyte. Ein iPod mit acht Gigabyte Speicher besitzt somit Platz für bis zu 260 Lieder – das entspricht etwa 20 CDs. Für viele Menschen ist das schlichtweg zu wenig. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf entstanden Lossy-Formate, die die Größe von Musikdateien stark reduzieren, ohne die Qualität hörbar zu beeinträchtigen.
Die verlustfreie Komprimierung ist eine Art WinZip für Musikdateien. Daten werden effizienter zusammengepackt, ohne Teile wegzuschneiden. Der Unterschied zwischen der Kompression von Computer- und Audiodateien ist, dass Letztere einen zufälligen Zugriff innerhalb der Datei erlaubt.
Zur Vorstellung: Wenn man bei der Musikwiedergabe warten müsste, bis eine 400MB große Datei auf der CD entpackt ist, wäre die ganze Idee mehr als unpraktisch.
Mit der verlustfreien Komprimierung kann jeder seine originalen CDs um 40 bis 60 Prozent verkleinern. Ein ausführlicher Vergleich zwischen den einzelnen Lossless-Formaten gibt es hier. Mit der verlustfreien Komprimierung kann unser iPod nun immerhin 600 Lieder speichern. Für viele Menschen immer noch nicht genug, eine stärkere Kompression ist von Nöten.
Wie zuvor erwähnt, wurde der MP3-Codec Ende der 1980er Jahre entwickelt und 1991 als Standard registriert. Bei normalem Gebrauch reduziert das Format die Dateigröße um den Faktor 10. Eine 30MB große Musikdatei einer CD ist somit nur noch 3MB klein. Der iPod bietet nun Speicherplatz für insgesamt 2.600 Musikdateien. Ebenfalls praktisch: Jede Musikdatei und ganze Alben können innerhalb von Sekunden heruntergeladen werden.
Natürlich hat der Codec auch einen Nachteil: Er entfernt einen Teil der musikalischen Daten. Wie viel entfernt wird, hängt von der Bitrate ab, dazu aber später mehr.
Bei der CD-Wiedergabe ziehen die beiden Kanäle etwa 1.400 Kilobits pro Sekunde an Daten. Eine typische MP3 spielt bei nur 128kbps. Um diese massive Datenreduktion zu bewerkstelligen, zerteilt der MP3-Codec die lineare Musikwelle in diskrete Teile. Jedes Teil wird dabei einzeln analysiert. Anhand der psychoakustischen Theorie haben die Entwickler des Codecs ermittelt, welche Informationen problemlos entfernbar sind. Nun die Frage aller Fragen: Vermissen die Hörer diese Informationen? Kommt drauf an. Es ist schwer zu beweisen, ob die Entwickler des Codecs die richtige psychoakustische Theorie angewandt haben.
Ohne Frage ist eins sicher: Lossy-Audioformate unterscheiden sich dadurch, dass ihre Entwickler unterschiedliche Informationen wegschneiden. Fakt ist aber, dass alle Lossy-Formate Informationen wegschneiden – ob wichtig oder nicht. Unterschiede sind mit einem Spektrumanalysator in diesem Vergleich zu sehen.
Macht die Bitrate wirklich einen Unterschied?
Die Bezeichnung „Bitrate“ hat jeder Musikliebhaber sicherlich einmal gehört. Ein Großteil der Menschen hat auch eine wage Ahnung, um was es sich handelt. Die Bitrate ist das Verhältnis einer Datenmenge zu einer bestimmten Zeit. In der Regel wird das Verhältnis in Bit pro Sekunde, im Bereich Audio dagegen in Kilobits pro Sekunde, gemessen. Beispiel: Die von iTunes erhältlich Musik ist 256 Kilobits pro Sekunde. Das bedeutet, dass 256 Kilobits Daten in jeder Sekunde eines Liedes gespeichert sind.
Je höher die Bitrate, desto mehr Informationen pro Sekunde besitzt ein Lied. Natürlich wächst auch die Größe mit höheren Bitraten. Die Musik, die auf CDs zu finden ist, besitzt in der Regel mehr als 1.000 KB/s. Wie zuvor erklärt, liegt die Größe eines solchen Liedes bei 30 bis 40 Megabyte, was vor vielen Jahren unmöglich war, aus dem Internet herunterzuladen.
Heute sieht die Situation anders aus: Festplatten sind groß und Festplattenspeicher ist günstig. Es gibt kostenlose Festplattenspeicher im Internet auf die man jederzeit Zugriff hat. Speicherplatz ist somit kein Problem mehr. Aus diesem Grund kommen immer mehr Menschen in den Genuss von unkomprimierter Musik. Doch ist sie den zusätzlichen Speicherplatz Wert? Die Antwort ist: es kommt drauf an.
Ein wichtiger Faktor ist in erster Linie das Audio-Equipment. Wer hochwertige Stereo-Systeme und Kopfhörer nutzt, der möchte natürlich nicht 128 kbit MP3s anhören. Der Unterschied beziehungsweise die Unebenheiten zwischen einer solchen MP3 und einer FLAC-Datei ist für viele Menschen hörbar. Wer dagegen jeden Tag Musik auf seinem iPod hört und dafür schlechte Kopfhörer nutzt, für den wird ein Unterschied schlichtweg nicht hörbar sein. Dann lohnt es sich auch nicht, zusätzlichen Speicher für unkomprimierte Musik zu verschwenden.
Ein weiterer Faktor für den Lossless-Lossy-Krieg sind die eigenen Ohren. Einige Menschen können nicht den kompletten Detailreichtum eines Liedes wahrnehmen. Dementsprechend werden sie womöglich auch nicht den Unterschied zwischen einer MP3- und einer FLAC-Datei hören. Diese Fähigkeit ist zwar mit der Zeit anlernbar, wenn man es aber jetzt nicht hören kann, dann spielt es auch keine Rolle.
Das Fazit fällt dementsprechend kurz und knapp aus: Wie bei allen Dingen sollte jeder Mensch für sich selbst entscheiden, was die beste Wahl ist. Wer den Unterschied zwischen komprimiert und unkomprimierten Musikdateien hört, sollte sich für die höhere Qualität entscheiden. Diejenigen, keinen Unterschied zwischen FLAC und MP3 hören, sollten sich nicht von anderen Menschen, besonders sogenannten Audiophiles, überreden lassen.
Aber: Lossless-Dateien sind Dateien der Zukunft. Der Grund ist simpel: Da es keinen Datenverlust gibt, kann man beispielsweise aus einer FLAC-Datei jederzeit eine unkomprimierte WAV-Datei erstellen. Und: Natürlich funktioniert auch die entgegengesetzte Richtung: Lossless-Dateien kann man jederzeit in ein Lossy-Format konvertieren, wenn Speicherplatz doch einmal zu einem Problem werden sollte.
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