Kann ich mir als Mieter ein Haus leisten?

Kann ich mir als Mieter ein Haus leisten?

Das Eigenheim ist für viele Menschen ein Traum, den sie sich früher oder später erfüllen möchten. Einige schrecken die Bauzinsen ab, andere fürchten sich, das Darlehen später nicht mehr zahlen zu können. Nur wenige Menschen machen den Vergleich, wie teuer das Mieten gegenüber dem Bauen ist. Viele Verbraucher sind der Ansicht, das Mieten sei automatisch günstiger. Das ist aber nicht immer der Fall.

Der Immobilienmarkt verzeichnet seit Jahren starke Schwankungen. Während die Bauzinsen einem konstanten Abwärtstrend unterliegen, wächst die Nachfrage nach Immobilien in Großstädten. Die große Nachfrage wiederum lässt die Mieten und Immobilienpreise steigen, wie die Deutsche Bundesbank in diesem Dokument analysiert hat (PDF; 574 KB). Experten bewerten diese Situation als Chance, die niedrigen Bauzinsen zu nutzen, um das angesparte Geld in das sogenannte Betongold – also eine Immobilie – zu stecken. Die große Frage lautet: Kann ich mir diesen Traum leisten?

Eigenkapital: Die Basis jedes Hausbaus

Auf die obige Frage haben Banken und ähnliche Anbieter eine klare Antwort: Ja, jeder kann sich eine Immobilie leisten. Eine Antwort, die kritisch zu sehen ist. Sie gehen davon aus, dass es inzwischen Finanzierungsmodelle gibt, die auf Eigenkapital komplett verzichten. Bei der sogenannten Vollfinanzierung übernimmt die Bank praktisch alle Kosten, die für die Finanzierung des Bauvorhabens anfallen. Dazu gehören auch Nebenkosten für Gericht, Notar sowie Steuern.

Die Darlehenssumme für eine Vollfinanzierung beträgt in der Regel zwischen 100 und 110 Prozent des Baupreises. Im Gegensatz zu anderen Finanzierungsmodellen fallen die Zinsen bei der Vollfinanzierung höher aus, da die Bank ein größeres Risiko trägt. Experten raten von Vollfinanzierungen ab, da sie sich theoretisch nur für Personen eignet, die gesicherte Einkommensverhältnisse und eine gute Bonität aufweisen. Ein sicheres Einkommen ist jedoch relativ, da kaum jemand garantieren kann, auch in 20 oder 30 Jahren denselben Beruf auszuüben. Ein weiterer Grund, warum Finanzexperten von der Vollfinanzierung abraten, ist das fehlende Eigenkapital, welches die Basis eines Hausbaus darstellt. Die Faustregel für das Eigenkapital lautet: Mindestens zehn bis 15 Prozent des Baupreises, je nachdem, wie hoch die Gesamtkosten sind.

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Quelle: Immobilienscout24 (Deutschland, 1.161 Befragte Immobilienkäufer)

Berechnung der zahlungsfähigen monatlichen Kreditrate

Um die Höhe der monatlichen Kosten zu berechnen, hat Jörg Sahr von der Zeitschrift Finanztest eine Faustregel formuliert: Angenommen die monatliche Miete eines Paares, welches plant, eine Immobilie zu bauen, beträgt 1.000 Euro. Zu diesem Wert addiert man 400 Euro Spargroschen und zieht 500 Euro für Nebenkosten ab. Die Kreditrate liegt folglich bei 900 Euro pro Monat beziehungsweise 10.800 Euro jährlich.

Wie hoch der Kredit ausfallen kann, den Interessierte aufnehmen können, hängt von zwei Faktoren ab:

  1. Zinssatz
  2. Zeitpunkt

Um die aktuellen Zinssätze zu erfahren, hat man beispielsweise auf www.aktuellebauzinsen.org die Möglichkeit Baukreditanbieter mittels eines Bauzinsenrechners zu vergleichen. Der zweite Faktor, und zwar zu welcher Zeit der Kredit aufgenommen wird, spielt jedoch eine genauso große Rolle. Ziel ist es, das Darlehen möglichst schnell zu tilgen. Laut Sahr sollten Verbraucher bis zur Rente schuldenfrei sein.

Unvorhersehbare Kosten beim Mieten und Bauen

Sowohl beim Mieten als auch Bauen können in Zukunft Kosten entstehen, die Verbraucher nicht vorhersehen können. Mieter stehen im Grunde vor der Gefahr, Mieterhöhungen zahlen zu müssen. Zwar steht es ihnen immer frei, in eine günstigere Wohnung umzuziehen. Eine Mieterhöhung kann aber auch hier immer eintreten.

Die unvorhersehbare Gefahr für Häuslebauer erwartet sie in wenigen Jahren nach dem Abschluss ihres Bauvorhabens, wenn die Anschlussfinanzierung ansteht. Diese ist aktuell problematisch, weil die Zinsen heute relativ niedrig sind. In einigen Jahren könnten sie ansteigen und die monatlichen Ratenzahlungen erhöhen. Für Häuslebauer mit einem knappen Budget kann es im schlimmsten Fall zur Existenzbedrohung kommen.

Das Spiel mit der Anschlussfinanzierung

Bei der Anschlussfinanzierung gibt es zwei Regeln, je nachdem, wie hoch die Zinsen aktuell sind:

  1. Niedriger Bauzins: Zinsbindungsfrist möglich lang wählen, um sich den niedrigen Zins langfristig zu sichern.
  2. Hoher Bauzins: Kurze Zinsbindung wählen und hoffen, dass der Bauzins bei der Anschlussfinanzierung niedriger ausfällt.

Früher war der zweite Fall die Regel, heute sieht die Situation genau umgekehrt aus. Die Bauzinsen sind niedrig, sodass Häuslebauer die Zinsbindungsfrist möglich lang ansetzen sollten. Dabei fordert die Bank zwar einen leicht höheren Zins, dennoch ist dieser für viele Jahre lang festgesetzt und hilft den Verbrauchern, ihre Finanzen zu planen.

Zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung haben Verbraucher die Möglichkeit, das Kreditinstitut zu wechseln. Das kann sinvoll sein, wenn ein anderer Anbieter niedrigere Zinsen besitzt. Mit der neuen (oder alten Bank) vereinbaren Häuslebauer einen neuen Kreditabschnitt zu einem neuen Zinssatz für einen festen Zeitraum. Je nach Bauvorhaben werden eine oder sogar zwei Anschlussfinanzierungen fällig, um das Bauvorhaben komplett zu tilgen.

Forward-Darlehen: Niedrige Zinsen sichern

Das Forward-Darlehen ist ein praktisches Finanzprodukt im Bereich der Anschlussfinanzierung. Sie ist für Häuslebauer interessant, die ihr Projekt bereits abgeschlossen haben und bei denen eine Anschlussfinanzierung ansteht. Im Grunde haben sie die Möglichkeit, sich niedrige Zinsen frühzeitig zu sichern. Dabei müssen sie bei den Zinsen jedoch kleine Abstriche in Kauf nehmen. Ein Forward-Darlehen kann bis zu 60 Monate im Voraus bevor die Zinsbindungsfrist des alten Kredits abläuft genutzt werden.

Bei dieser Spekulation gehen Verbraucher das Risiko ein, dass die Zinsen, nachdem sie das Forward-Darlehen abgeschlossen haben, weiter sinken können. Weiterhin zahlen sie einen Aufschlag für jedes Jahr vor dem Ablauf der Zinsbindungsfrist. Ein Forward-Darlehen lohnt sich vor allem dann, wenn man sein Haus vor vielen Jahren gebaut hat, als die Zinsen weitaus höher waren. Die Reduzierung der Zinsen wird in jedem Fall einen Vorteil erbringen.

Persönlichkeit und Lebenssituation der Verbraucher

Unabhängig davon, ob das Bauen rentabler als das Mieten ist, sollten Verbraucher ihre eigene Persönlichkeit und Lebenssituation analysieren. Christiane Kienitz von der Verbraucherzentrale Hessen empfiehlt, sich für den Hausbau zu entscheiden, wenn man seinen Lebensmittelpunkt gefunden hat. Konkret bedeutet das: Man hat sich die größten Wünsche seines Lebens erfüllt. Das kann eine Reise um die Welt sein, der Kauf eines teuren Sportwagens oder Ähnliches sein. Jeder Mensch hat individuelle Wünsche, die er in seinem Leben erfüllen möchte.

Wer hingegen regelmäßig umzieht – was mit dem eigenen Beruf verbunden sein kann – ist mit einer Mietwohnung besser beraten. Auch Menschen, die keine Zeit oder Lust haben, sich um alle anfallenden Aufgaben rund um das Haus zu kümmern, sind eine Zielgruppe für die Mietwohnung.

Zusammenfassung

Viele Mieter können einen Hausbau finanzieren, insbesondere in Zeiten niedriger Zinsen. Sie sollten sich aber die Frage stellen, ob dies auch tatsächlich ihr Wunsch ist oder ob das Leben als Mieter besser zu ihnen passt. Wer sich für den Hausbau entscheidet, muss die Finanzierung bis ins kleinste Detail planen. Dabei sind Fragen zum Thema Eigenkapital, monatliche Kreditrate, Anschlussfinanzierung und vieles mehr zu klären.

Artikelbild: © baranq / Shutterstock


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