Erbfolge Immobilien vererben: Gesetzliche Erbfolge oder Testament?

Erbfolge Immobilien vererben: Gesetzliche Erbfolge oder Testament?

Über den eigenen Tod denken die meisten Menschen nur ungern nach. Doch mit steigendem Alter oder schlechter werdender Gesundheit kommt der Gedanke immer öfter in den Kopf: Was geschieht der Immobilie nach meinem Tod? Grundsätzlich gibt der Gesetzgeber betroffenen mehrere Möglichkeiten, wie das Testament oder der Erbschaftsvertrag gestaltet werden kann, sodass die Immobilie ganz den eigenen Wünschen entsprechend vererbt werden kann.

Regelung der Erbfolge und Erbfähigkeit

Laut den erbrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches gibt es zur Regelung dessen, was nach dem Tod mit der eigenen Immobilie geschieht, zwei Möglichkeiten:

  1. Der Erblasser kann seinen letzten Willen aktiv gestalten und entsprechende Regelungen treffen.
  2. Der Erblasser verhält sich passiv und überlässt alles der gesetzlichen Erbfolge.

Als Erben kommen alle natürlichen und juristischen Personen infrage, die zur Zeit des Erbfalls am Leben sind. Wer noch nicht lebt, aber gezeugt war, gilt als vor dem Erbfall geboren.

Gesetzliche Erbfolge

Ein sich passiv verhaltener Erblasser überlässt die Bestimmung seiner Erben sowie die Höhe der Erbquoten den gesetzlichen Regelungen. In diesem Fall sind ausschließlich Verwandte, Ehegatten sowie eingetragene Lebenspartner als Erben qualifiziert. Das Erbrecht der Verwandten richtet sich nach bestimmten Reihenfolgen:

  1. Erste Ordnung: Hierzu zählen eheliche und nicht-eheliche Kinder des Erblassers oder Abkömmlinge. Ehelichen Kindern gleichgestellt sind Adoptivkinder, die nach dem 1. Januar 1977 in der Bundesrepublik adoptiert wurden.
  2. Zweite Ordnung: Die Eltern sind gesetzliche Erben zweiter Ordnung. Sollten diese nicht mehr Leben, treten die Kinder an ihre Stelle oder ersatzweise Nichten und Neffen. Gibt es keine Abkömmlinge, erbt lediglich der überlebende Elternteil.
  3. Dritte Ordnung: Sollten Erben der ersten beiden Ordnungen fehlen, dann erben die Großeltern des Erben oder deren Abkömmlinge (Tanten, Onkel, Cousinen, Cousins).
  4. Vierte Ordnung: In diese Kategorie fallen Urgroßeltern sowie fernere Voreltern des Erblassers.

Verwandte sind nicht zur Erbfolge berufen, solange es einen Verwandten der vorgehenden Ordnung gibt.

Testamentarische Erbfolge

Die meistgewählte Alternative zur gesetzlichen Erbfolge ist die testamentarische (gewillkürte) Erbfolge, die Ersteren immer vorgeht. Grundsätzlich kann jede volljährige Person ein notarielles oder eigenhändiges Testament erstellen. Minderjährige im Alter von mindestens 16 Jahren können lediglich ein privatschriftliches Testament errichtet. Problematisch ist diese Form des Testaments, wenn sie nicht klar und deutlich formuliert wurde und Raum für Interpretationen lässt. Häufig sorgen privatschriftliche Testamente für Streitigkeiten zwischen Verwandten, weil die Hinterlassungen nicht klar ausgedrückt wurden. Deshalb ist eine frühe Erstellung des Testaments unter Aufsicht eines Anwalts ratsam.

Steuerbefreiung bei Vererbung

Seit dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes – ErbStRG am 1. Januar 2009 gibt es einige Neuerungen bei der Vererbung von Wohnimmobilien. Unter bestimmten Umständen ist im Erbfall die steuerfreie Übergabe einer Immobilie unter Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern oder die nächste Generation möglich. Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland jedes Jahr 400.000 Immobilien vererbt werden, sollte dieses Thema durchaus interessant sein.

Damit die steuerfreie Vererbung möglich ist, muss Folgendes infrage kommen:

  • Die Wohnimmobilie muss dem Erblasser gehören, der sich in Deutschland oder der EU beziehungsweise einem Land des Europäischen Wirtschaftsraums befindet.
  • Diese Immobilie nutzte der Erblasser bis zum Erbfall zu eigenen Wohnzwecken oder er war an der eigenen Nutzung gehindert (zum Beispiel Krankenhausaufenthalt).
  • Erben müssen das Gebäude nach dem Erbfall unverzüglich für mindestens zehn Jahre selbst nutzen.
  • Für Kinder sowie Kinder verstorbener Kinder greift die Steuerbefreiung nur dann, wenn die Wohnfläche des Gebäudes nicht größer als 200 Quadratmeter ist.

Bis die zehn Jahre Selbstnutzungsdauer abgelaufen sind, müssen Erben von Familienheimen weiterhin darum bangen, dass eine nachträgliche Besteuerung anfallen könnte. Wer beispielsweise 2019 aus einem 2010 geerbten Haus auszieht, muss die Erbschaftssteuer nachträglich zahlen. Das Erbrecht sieht allerdings eine wage Ausnahme vor: Müssen Erben das Haus vor Ablauf der Frist „aus zwingenden Gründen“ verlassen, fällt die Steuerbefreiung nicht weg. Leider wurde im Gesetz nicht genau definiert, was man unter zwingenden Gründen verstehen soll. Ein Wechsel ins Pflegeheim wird mit Sicherheit unter diese Bezeichnung fallen. Wer dagegen eine in Berlin geerbte Immobilie aufgeben muss, weil er arbeitslos geworden ist, wird womöglich nicht auf Verständnis seitens der Finanzverwaltung stoßen.

Vorweggenommene Erbfolge

Ein wichtiges Element der Planung der eigenen Vermögensnachfolge ist auch die vorweggenommene Erbfolge. Für viele Personen macht es Sinn, nicht bis zum Schluss zu warten, um das eigene Vermögen an die Nachkommen zu übertragen. Die lebzeitige Übertragung von Vermögen kann, bei sorgfältiger Planung, nicht nur Steuern sparen, sondern auch die Abwicklung der Erbschaft problemlos abwickeln.

In der Praxis bedeutet die lebzeitige Übertragung des Vermögens die Weitergabe des Immobilienbesitzes an die eigenen Kinder. Die meisten Menschen argumentieren in diesem Fall, dass die Kinder „ohnehin alles erben“ werden. Sollten die Kinder den Familienwohnsitz nicht nach dem Tod der Eltern für eigene Zwecke nutzen, dann können sie, wie im vorigen Abschnitt erklärt, nicht von der Steuerbefreiung in § 13 Abs.1 Nr. 4c ErbStG profitieren. Durch die Übertragung zu Lebzeiten sind aber Steuereinsparungen möglich. Hier gibt es aber einiges zu beachten: Die Eltern benötigen auch nach dem Übergang des Eigentums ein Dach über den Kopf. Zudem sind Veränderungen in der Beziehung zu den Kindern niemals auszuschließen. Eltern sollten sich deshalb ein eigenes Wohnrecht sichern.

Rechtstechnisch gesehen ist dieses Wohnrecht auf zwei Arten zu erlangen:

  1. Durch ein sogenanntes dinglich gesichertes Wohnrecht mithilfe einer Eintragung ins Grundbuch.
  2. Es wird ein Nießbrauchrecht an der Immobilie bestellt.

Beide Varianten haben das Ziel, dass die Eltern nach Weggabe ihres Eigentums dieses weiterhin als Wohnstätte nutzen können. Der große Unterschied zwischen dem Grundbucheintrag und dem Nießbrauch ist, dass sich Letzterer auf die gesamte Nutzung der Immobilie bezieht. Das dingliche Wohnrecht kann man dagegen auf einzelne Gebäudeteile beschränken.

Eltern müssen zudem auf die Steuerfalle achten, im Fall, dass sie den Familienwohnsitz selbst nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG von jemandem geerbt haben. Sie müssen mindestens zehn Jahre im Haus wohnen (Eigennutzung). Die Steuerbefreiung würde durch die Übertragung des Eigentums entfallen.

Artikelbild: © Lisa S. / Shutterstock


4 Kommentare

  1. andreas stecker 12.01.2018 20:51 Uhr

    Bis jetzt habe ich keine gute erklärung über vorweggenommene Erbfolge gehapt. Hier ist es gut beschrieben. Vielen Dank dafür. VG

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  2. Mia 10.01.2019 06:19 Uhr

    Bekannte wollen Ihren Nachlass regeln. Sie haben einige Immobilien und überlegen sogar diese zu verkaufen. Bei den aktuellen Immobilienpreisen ist das vielleicht auch keine schlechte Idee. Der Gang zum Anwalt für Erbrecht ist aber erst einmal der nächste Schritt.

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  3. Joachim Hussing 17.12.2019 19:19 Uhr

    Danke für den Beitrag zu Erbrecht. Ich habe lange gesucht, um hilfreiche Informationen dazu zu finden, weil sich meine Schwester dafür sehr interessiert. Die Infos hier werde ich ihr mal weitergeben.

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  4. Noah Dadrich 23.04.2020 07:12 Uhr

    Es ist gut, dass es Optionen für eigenes Eigentum gibt. Dieses Eigentum kann nach eigenen Wünschen vererbt werden. Wir werden unseren Besitz an unsere Kinder weitergeben.

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