Der versteckte Mangel
Was man diesbezüglich wissen sollte
Der Kauf einer Immobilie ist eine erhebliche Geldanlage. Auch die Unterfertigung eines Mietvertrages ist eine längerfristige Verpflichtung. Daher machen sich viele zu Recht Gedanken: Was passiert, wenn mit dem Haus, das ich erwerbe, etwas nicht in Ordnung ist? Kann es sein, dass wegen eines versteckten Mangels erhebliche Kosten auf mich zukommen? Was geschieht, wenn bei der Wohnung, die ich für die nächste Zeit mieten möchte, ein Sachmangel die Lebensqualität entscheidend verschlechtert?
Ein Immobilienkäufer kann in einer Kaufsache natürlich Mängelansprüche und Gewährleistungsansprüche vor der Abnahme geltend machen. Er kann den Verkäufer zur Mangelbeseitigung und Nacherfüllung auffordern, einen Bausachverständigen zur Feststellung von Sachmängeln beauftragen und mit Rücktritt drohen.
Was versteckte Mängel betrifft findet man im HGB, also im Handelsgesetzbuch und in der VOB, der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen einiges an Information und kann sich den passenden Paragraf heraussuchen. Zu Punkten wie Gefahrübergang, Rechtsmangel und Täuschung haben sowohl der BGH als auch das Oberlandesgericht diverse Urteile gefällt. Auch was die Werkleistung der Kaufleute anbelangt und ein eventuelles Organisations-verschulden hat es mehr als ein Urteil gegeben.
Was geschieht bei Mängeln beim Kauf einer Immobilie?
Grundsätzlich ist der Verkäufer verantwortlich und leistet Gewähr, dass das Objekt, das übergeben wird, den vertraglichen Inhalten vollständig entspricht. Trifft das nicht zu, liegt ein Mangel vor. Wichtig in diesem Zusammenhang ist zum einen der Zustand des Objektes zum Zeitpunkt der Übergabe. Die Frage ist, ob es sich um einen Erstbezug oder ein älteres Objekt handelt, das bereits einige Male bewohnt wurde oder zum anderen eine genaue Definition des Zustands im Kaufvertrag.
Bei einem neu errichteten Objekt dürfen andere Erwartungen an den Bauzustand gestellt werden als bei einem zum Beispiel 100 Jahre alten Haus. Wenn bei diesem ein Fenster nicht ganz dicht ist, ist das zu erwarten. Bei dem neu gebauten Objekt Immobilie dagegen nicht.
Bei einem Immobilienverkauf haben der Auftragnehmer und der Auftraggeber individuelle Rechte. Ist die Kaufsache mit Mängeln behaftet, so kann der Käufer eine Mangelbeseitigung verlangen. Werden Mängel verschwiegen ist der Käufer zum Rücktritt berechtigt. Er sollte allerdings zuerst eine Rüge aussprechen. Die Beweislast liegt beim Verkäufer und laut Handelsrecht steht dem Käufer Schadenersatz zu.
Die Gewährleistungsfrist bei unbeweglichen Gütern und somit einer Immobilie beträgt drei Jahre ab der Übergabe.
Was versteht man unter einem versteckten Mangel?
Ein verborgener Mangel ist jener, der zum Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhanden, aber noch nicht sichtbar ist. Die Rechtsprechung lautet folgendermaßen, dass die Verjährungsfrist selbst dann ab Übergabe zu laufen beginnt, wenn gar nicht zu erkennen ist, dass das Objekt mit Mängeln behaftet ist. Das bedeutet, die Gewährleistungsfrist beläuft sich auch in einem solchen Fall drei Jahre ab Aushändigung.
Werden jedoch besondere Eigenschaften der Sache zugesichert, gilt eine stillschweigende Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist über diese drei Jahre hinaus. Dies gilt auch für Fehler des Materials, die sich erst nach einigen Jahren zeigen und vorher nicht festgestellt werden können.
Kaufinteressenten untersuchen Immobilienobjekte im Zuge der Besichtigung auf Mängel. Während die positiven Eigenheiten eines Immobilienobjektes als Selbstverständlichkeit hingenommen werden, sind Mängel oftmals ein Ansatz, ein Immobilienobjekt zu kritisieren oder den Preis zu drücken. Ein nicht offensichtlicher Mangel kann also zusätzlich Probleme bereiten.
Anbieter sind gut dabei beraten, sich bezüglich einer anstehenden Besichtigung den Kopf zu zerbrechen, inwieweit sie dazu verpflichtet sind, offene sowie versteckte Mängel zu erwähnen und wie ausführlich eine Pflicht zur Auskunft besteht. Es hilft nichts, vor dem Kaufvertrag eine schlechte Beschaffenheit zu verschweigen.
Besteht ein Unterschied zwischen neu gebauten und älteren Objekten?
Beim Kauf einer Wohnung und eines Hauses im Erstbezug kann man natürlich andere Eigenschaften erwarten als bei jenen Objekten, welche wiederholt bewohnt wurden. Während bei bereits bewohnten Objekten abgenutzte Böden oder abgewohnte Möbelstücke nichts Ungewöhnliches sind, ist das bei einem Erstbezug nicht zu erwarten.
Dort wird die Neuwertigkeit des Objektes vorausgesetzt. Macht man bei einem Neubau Gewährleistung geltend, wird man gegen dem das der Erstellung des Objektes beauftragten Unternehmen unter Umständen einen Regressanspruch haben.
Verborgene Mängel – Was meint das BGB?
Der Anbieter eines Objektes muss dem Erwerber das Immobilienobjekt frei von Sach- und Rechtsmängeln übergeben. Unter einem Mangel versteht man jede negative Abweichung der Ist – Beschaffenheit von der Soll – Beschaffenheit. Ist das Immobilienobjekt also nicht in jenem Zustand, wie es laut Vertrag sein sollte, ist es mit Mängeln behaftet.
Das Gesetzbuch (BGB) bezeichnet Mängel als Probleme, die den „Wert oder die Tauglichkeit einer Sache aufheben. Das trifft auch dann zu, falls eine von der Seite des Verkäufers im Vertrag zugesicherte Eigenschaft nicht vorhanden ist. Mängel an Immobilienobjekten beziehen sich auf den Baugrund, die Baukonstruktion, das Material und das Alter des Gebäudes. Will man also ein Immobilienobjekt anbieten, rentiert sich die Beschäftigung mit dem Thema Gewährleistung nach BGB auf jeden Fall.
Offensichtliche und verborgene Mängel
Ein offensichtlicher Mangel ist meistens problemlos und zählt zur Verantwortung des Käufers. Mängel sind dann offensichtlich, wenn diese der Käufer beim Besichtigungstermin hätte erkennen können (z.B. die Isolierfenster sind beschlagen).
War der Erwerber nicht dazu in der Lage solche Mängel festzustellen, kann es sich um verborgene Mängel handeln. Dann diskutieren die Parteien oftmals, ob der Anbieter zur Auskunft verpflichtet war und den Interessenten darauf hätte verweisen müssen. Der Interessent sollte stets in vollem Umfang in Kenntnis gesetzt werden müssen, nur auf diese Art und Weise schützt sich der Anbieter davor arglistig etwas unterdrückt zu haben.
Mangel und verborgener Mangel in einem Vertrag
Ein versteckter Mangel wird von einem in Kaufverträgen für Immobilien oftmals ausgemachten Gewährleistungsausschluss nicht umfasst. Eine Aussage im Kaufvertrag wie „erworben wie besichtigt“, kann nur deutliche Mängel von einer Gewährleistung ausnehmen und hat bei verborgenen Mängeln nur dann Bestandssicherheit, wenn der Anbieter den Mangel nicht arglistig verheimlicht hat.
Verschweigen Sie vor der Unterfertigung des Vertrages negative Tatbestände des Objektes, kann es nach der unterfertigten Urkunde des Vertrags noch zu unangenehmen Nachforderungen in Bezug auf die Beschaffenheit kommen. Es ist unvernünftig, wegen der Kenntnis von Mängeln etwas verschweigen zu wollen.
Versteckter Mangel – Pflicht zur Aufklärung und Beispiele
Eine Pflicht zur Aufklärung des Verkäufers entspricht der geltenden Rechtsprechung, wenn der Interessent eine genaue Frage äußert. Dann ist der Anbieter dazu angehalten auf diese Frage zur Gänze und wahrheitsgemäß einzugehen. Er darf die Umstände nicht verharmlosen und nicht nach Belieben formulieren, wenn er keine korrekte Kenntnis hat. Vernachlässigt der Verkäufer schuldhaft die erforderliche Klärung, handelt es sich um Arglist.
Das hat das Ergebnis, dass der Erwerber nicht nur die reinen Gewährleistungsrechte geltend machen könnte, sondern den Kaufvertrag unter Umständen über die Gewährleistungsfrist des § 438 BGB hinaus anfechten und wieder aufheben kann und Schadensersatz einfordern kann. Die Verjährung bei einem Bauwerk beträgt nach BGB fünf Jahre. Auch die Verjährungsfrist kann sich verschieben.
Verborgene Mängel durch Objektbeschreibungen?
Keine Pflicht zur Aufklärung dürfte dann vorliegen, wenn der Anbieter oder der mit der Veräußerung des Objektes betraute Makler in einer Anzeige die Lage mit „Ruhegebiet, viel Grün, Waldgebiet“ beschreibt. Diese Umschreibung kann aber auch bedeuten, dass das Objekt weit außerhalb auf ländlichem Gebiet liegt.
Ein sogenanntes „Objekt für Liebhaber“ stellt sich zumeist als handwerkliche Herausforderung dar und bedeutet oftmals Mängel in der baulichen Substanz. Eine „ausbaufähige Lage“ sollte ein Hinweis sein, einen Blick in den betreffenden Plan zur Bebauung zu nehmen. In solchen Fällen dürfte es dem Käufer überlassen sein, die Beschreibung entsprechend auszulegen und daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen. Er sollte den Anbieter um genaue Angaben ersuchen, oder die näheren Umstände selbst herausfinden.
Eine Pflicht zur Aufklärung besteht auch ohne Frage von Seiten des Erwerbers, wenn der Abgeber wissen musste, dass die Auskunft über gewisse Umstände den Erwerber in seiner Entscheidung beeinflussen könnte und eine Klärung erwartet werden darf.
Beispiele verborgener Mängel
Beispiele für versteckte Mängel sind
- Das Objekt wurde ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet.
- Das Objekt steht unter Denkmalschutz.
- Das Gebäude unterliegt der Mietpreisbindung.
In solchen Fällen muss dem Immobilienverkäufer klar sein, dass die Info und Aufklärung des Kaufinteressenten entscheidend für den Kauf sein kann und dieser die Info nur aus dem Grund verschweigt, weil er verhindern möchte, dass der Kaufinteressent absagt. Auch in einem solchen Fall muss der Abgeber schuldhaft in Kenntnis des Mangels handeln.
Baulasten als Mängel
Baulasten sind riskant, denn sie sind nicht im Grundbuch zu finden und sind für den Kaufinteressenten nicht klar einsehbar. Auch ein Notar benötigt vor dem Abschluss des Vertrages nicht das Verzeichnis der Baulasten einzusehen. Bauliche Lasten beziehen sich meistens auf Auflagen, welche der Besitzer mit behördlichen Instanzen oder Nachbarn ausgemacht hat. Sie gehen auf den Käufer als rechtlichen Nachfolger über und verpflichten diesen ebenfalls. Ein Beispiel ist die Bestimmung von Abstandsflächen zum Grundstück des Nachbarn.
Deshalb kann der Käufer die Immobilie vielleicht nicht so verwenden, wie er es angenommen hat und muss gewisse Einschränkungen akzeptieren. Um entsprechende Auswirkungen zu verhindern, sind Anbieter gut damit beraten, über vielleicht bestehende Lasten zu informieren.
Versteckte Mängel – wie geltend machen?
Will sich der Käufer auf einen verborgenen Mangel zurückziehen, muss er auch nachweisen, dass der Anbieter seine Pflicht zur Auskunft mit Vorsatz verletzt hat. Ist der wesentliche Mangel nicht deutlich nachweisbar, kann er dazu Indizien heranziehen. Wurde der Käufer im Zuge des Besichtigungstermins fachkundig beraten, wird er sich ein eigenes Organisations-verschulden anrechnen lassen müssen und kann später zu Tage tretende verborgene Mängel nicht zur Gänze dem Objektverkäufer anlasten.
Nicht jeder verborgene Mangel ist von Bedeutung
Beispielhaft sei der Unterschied zwischen einem Steildach und einem Flachbach bei älteren Immobilien erwähnt. Bei einem Steildach kann ein Interessent den Zustand meistens mit den Augen abschätzen und kann den Aufwand für eine erforderliche Instandsetzung feststellen. Bei einem Flachdach muss er zu diesem Zweck einen Fachmann beiziehen, da er das Dach aufsuchen muss und die Substanz selbst nicht beurteilen kann.
Bei einem frisch renovierten Immobilienobjekt ist darauf zu schauen, dass der Anbieter nicht durch eine „ausgeklügelte Komposition der Farben“ den Eindruck erweckt, als wäre alles in Ordnung, während die Bausubstanz zerbröckelt.
Zusammenfassung
Versteckte Mängel werden von einem in Kaufverträgen für Immobilien meist vereinbarten Gewährleistungsausschluss nicht erfasst. Eine Formulierung im Kaufvertrag wie „gekauft wie gesehen“ hat auch bei versteckten Mängeln nur dann Bestand, wenn der Verkäufer den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert einen Mangel als einen Fehler, der den „Wert oder die Tauglichkeit einer Sache aufhebt oder mindert“. Das trifft auch dann zu, wenn eine von der Seite des Verkäufers vertraglich zugesicherte Eigenschaft fehlt.
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