Analyse: Warum deutsche Immobilien nicht überall zu teuer sind
Deutschland gilt im Allgemeinen nicht als das „Land der Hausbesitzer“, die Eigentumsquoten sind auch historisch gesehen eher niedrig. Doch seit Jahren zeichnet sich ein Trend ab, der gespeist wird durch eine Niedrigzinsphase und staatliche Anreize für Bauherren. Förderbanken wie die KfW und kommunale Institute haben sich auf Energieeffizienzhäuser und die Modernisierung von Altbauten spezialisiert. Und da gerade in den Städten Bauland zumeist in ausreichendem Maße fehlt, weicht Altbausubstanz den auf Single- und Paarhaushalte ausgerichteten Neubauten. Durch staatliche Auflagen sind die Kosten hierfür etwa 25 Prozent höher als noch zu Beginn des Jahrtausends. Doch längst nicht alle Städte oder Regionen profitieren, es gibt teils gravierende Unterschiede.
„Zweite Reihe“ rückt in den Fokus
Mangels Alternativen zieht es immer mehr solvente Bauherren und Projektentwickler in die zweite und dritte Reihe der Metropolen. Auch Mittelstädte profitieren, vor allem im ländlichen Bereich. Sie übernehmen hier eine wichtige Funktion für die Region. Und sie bieten die Arbeitsplätze, die Anreize für überregionale Wanderungen überhaupt erst schaffen. Besonders stark nachgefragte sind kleine und mittlere Universitätsstädte. Durch den regen Zuzug bleibt ein gewisses Niveau bei der Nachfrage erhalten, die Vermarktungszeiten sind wesentlich niedriger als im Bundesdurchschnitt. Und da die Zielgruppe der Studenten ein tendenziell eher urbanes Umfeld sucht, werden dadurch auch die Mietpreise beeinflusst. Selbst Zimmer in Wohngemeinschaften kosten teilweise mehr als typische 2½-Zimmer-Wohnungen in den Randlagen großer Städte.
Um einschätzen zu können, ob Wohnungen oder Häuser eher „teuer“ oder doch „günstig“ sind, müssen Sie einige harte Merkmale vergleichen. Am einfachsten geht es, indem man die Jahresmieteinnahmen mit dem Kaufpreis in Relation setzt. Allgemein wird von einer „Preisblase“ gesprochen, wenn der Kaufpreis diesen Wert um das 25-fache übersteigt. In Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, München oder Stuttgart zeigen sich deutliche Anzeichen für einen überhitzten Immobilienmarkt.
Nach einer aktuellen Studie von Empirica, in der beispielsweise das durchschnittliche Einkommen in Bezug zum Kaufpreis gesetzt wird, sind aber auch andere Regionen betroffen. 73 von 402 Landkreisen weisen Werte auf, wonach das Kaufpreisniveau derart hoch ist, dass sich eine Investition kaum noch rechnet. Absoluter Spitzenreiter ist München. Hier müssen Sie durchschnittlich das 32-fache der Jahresmieteinnahme als Kaufpreis zahlen.
Preisanstiege sind die Ausnahme, nicht die Regel
Trotz dieser Werte sollten Sie nicht davon ausgehen, dass sich Ihr Geld nicht konservativ und gewinnbringend einsetzen lässt. Denn tatsächlich sind Preisanstiege nur in etwa 40 Prozent der Landkreise zu verzeichnen. Anderswo stagniert der Markt oder befindet sich im Sinkflug, wie beispielsweise in den östlichen Bundesländern außerhalb der großen Städte. Selbst in den Städten, die zuletzt zweistellige Wachstumsraten aufwiesen, zeigt der Pfeil nicht durchgehend nach oben. Auch in Hamburg oder Frankfurt am Main gibt es Viertel und Stadtteile, in denen das Preisniveau sinkt. Betroffen sind hier Randgebiete oder stark industriell geprägte Stadtgebiete, in denen nur wenig gebaut wird und der Zustand der Häuser zudem niedriger ausfällt. Lediglich in Berlin zeigt sich ein alle Bereiche der Stadt durchdringender Trend.
Trotz der regen Bautätigkeit kann der Bedarf an Wohnungen nicht überall gedeckt werden. In manchen Teilen des Landes zeigt sich schon jetzt, dass die Wachstumsraten kleiner werden und sich das Mietpreisniveau einpendelt.
Hier sind die Immobilienpreise noch „in Ordnung“
Wie viel Haus Sie sich leisten können, lässt sich regional in Form des durchschnittlichen Jahresnettoeinkommens vergleichen. Das Institut für Demoskopie Allensbach hat beispielsweise im Auftrag der Sparda-Banken ermittelt, wie hoch der Faktor beim Kauf eines Einfamilienhauses in den größten Städten des Landes ist. In Frankfurt am Main müssen Sie etwa das Achtfache Ihres Jahresnettoeinkommens aufwenden, in München liegt der Wert bei mehr als dem Neunfachen. Auch bei den absoluten Werten zeigt sich, wie groß die Unterschiede tatsächlich sind. Während in Frankfurt am Main durchschnittlich knapp 400.000 EUR investiert werden, wechseln derartige Immobilien in München den Besitzer für durchschnittlich etwa 680.000 EUR.
Als besonders günstig gilt Bremen, hier mit dem Faktor 4,3 und einem durchschnittlichen Kaufpreis von etwa 205.000 EUR. Analog dazu fällt hier auch die Eigentumsquote mit über 40 Prozent überdurchschnittlich hoch aus. Die Landkreise Rhön-Grabfeld in Unterfranken (Bayern) und Günzburg in Schwaben (Bayern) zeigen ein attraktives Wohnumfeld und liegen sogar noch unter dem Faktor 4. Doch dieser Vergleich allein sagt wenig darüber aus, ob sich die Investition als Anlageobjekt tatsächlich lohnt. Denn durch höhere Eigentumsquoten fällt gleichzeitig die Wohnungsnachfrage, entsprechend wenig wird gebaut. Es handelt sich hierbei also um Orientierungshilfen, wo tatsächlich für den Eigenbedarf ein günstiges Umfeld besteht.
Hohe Renditen lassen sich dort erzielen, wo es junge und mobile Menschen hinzieht. In Städten mit Hochschulen und einem breiten Arbeitsmarkt ist die Fluktuation höher, ganze Viertel haben sich zuletzt gewandelt und sind gefragt.
Fazit
Der Einstieg in übersättigte Immobilienmärkte ist trotz Niedrigzinsphase nur jenen vorbehalten, die entsprechend liquide sind. Doch absolut betrachtet finden Sie hier nur einen kleinen Teil des Wohnungsangebotes. In der breiten Masse profitieren die Gemeinden und Städte im unmittelbaren Umland von Metropolen. Städte wie Regensburg, Darmstadt oder Nürnberg sind in dieser Hinsicht attraktiv. Die Bevölkerungsentwicklung hat hier alle Merkmale, die für ein stetes Wachstum entscheidend ist. Je höher der Anteil junger Menschen ist, desto höher ist auch das Entwicklungspotenzial.
Zusammenfassung
Hohe Zuwachsraten bei Kaufpreisen für Häuser und Wohnungen sind ein Alleinstellungsmerkmal der gefragten Metropolen. Doch im Großteil der übrigen Städte und Gemeinden überwiegend Stagnation oder teils deutliche Wertminderungen. Je vielfältiger die Bevölkerungsentwicklung ist, desto stabiler sind die Kaufpreisniveaus in den Regionen. Potenzial bieten die gut angebundenen Randlagen sowie Mittelzentren auf dem Land, wo Angebot und Nachfrage bezüglich freier Bauflächen ausgeglichen sind.
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